Salomon Alpen X100 :: Die 100-Meilen-Non-Stop-Alpen-Überquerung.

Da war er also, der Tag des Salomon Alpen X100.

Ein großes Abenteuer, denn nicht nur die 160 anvisierten Kilometer, sondern auch die 2 Nächte in den Alpen haben den meisten Läufern alles abverlangt. Ca. 9.500m gings bergauf, ca 10.000 bergab. Start war in Seefeld, Ziel in Brixen. Schlafen war für uns keine Option.

Die ersten ca 20 Stunden (ca 112 km) liefen gut. Die anvisierte Zielzeit von 32 Stunden war locker machbar. 12 Stunden für 48km … eigentlich kein Problem. Also schreibe ich nun nicht viel von den ersten Kilometern, der ersten kalten verregneten Nacht. Die ersten 20km gings fluffig mit leichtem Downhill aus Seefeld raus bis hin zum ersten Anstieg. Viele die Vollgas gaben sollte ich im Verlaufe des Rennens wieder sehen. Es gibt immer den ein oder anderen, der es einfach zu hart und zu schnell angeht. Bei einer solch langen Strecke ist eine gute Selbsteinschätzung, sowie die Einteilung der Kräfte das A und O: Also laufen lassen und im Idealfall einsammeln 😉 … Die erste Nacht lief also gut, morgens gegen acht, pünktlich zum Start der 100km-Läufer kamen wir in Steinach an. Also Umziehen bei der VP, essen und tanken und dann weiter. Ein ganzer heller Tag wartete auf uns. Bei zum Teil eisigen Winden auf den Bergkämmen kam kein Sommerfeeling auf. Selten lief ich ohne Windjacke. Meine immer wieder durch Matsch und Bäche nassen Füsse meckerten schon eine Weile. Augen zu und durch … 60km sind ja schon weg von der Uhr. Weiter durch den Tag, kämpfen um jeden Kilometer. Zwischendurch haben wir den ein oder anderen Hunderter getroffen, oder gar Gleichgesinnte 😉 … Schlafen war wollten wir nicht. Es war hell und der Wille war da. Also immer weiter bis hin zur nächsten VP, Gasteig. Depperter Radweg am Bach vorbei bis zur VP. Nun begann das eigentliche Rennen. Bis dato war alles „Kindergarten“. Vieles war laufbar und ließ sich einfach abspulen. Aber mit über 100 km auf dem Buckel, da begann nun die Herausforderung, der eigentliche Kampf.

Ein gnadenloser Aufstieg von ca 1500 Metern. 5 km auf Asphalt-Serpentinen hoch, die letzten 3 km mit 500 Metern gings durch Gestrüpp mit lauter Löchern im Boden. Nix zu sehn, schwer zu gehn. Kein Weg erahnbar und langsam dämmerte es bereits. Die Markierungen vom Winde verweht. Ja der Wind. Die erste Nacht im Regen war ja noch harmlos gegen den Wind bei 3-5° C auf ca 2500m über Null. Der erste Läufer lag schon in eine Rettungsdecke gehüllt vor dem letzten Anstieg zum Penser Joch. Bergwacht unterwegs. Kacke. Also weiter an die Verpflegungsstation bei km 120. Umziehen. Alles Anziehen was dabei ist! Pulli, Windjacke, Goretex-Jacke, Thermo-Beinlinge, Handschuhe, Mütze, Buff. So verpacken dass nirgends Wind eindringen kann. Danke nochmals an Iris und Christian von der Landau Running Company fürs Aufwärmen im Auto und den herzlichen Empfang im Ziel! Also noch ne Suppe rein und ab in die Nacht. Irgendwas mit 20km zum nächsten VP. War jemand mal nachts bei völliger Dunkelheit in den Bergen? Bei eisigem Wind und in der 2ten Nacht ohne Schlaf?

Krass schwere Wanderwege, Felslandschaften (die schon bei Tage alle gleich ausschauen), schlechte bis keine Markierungen, totale Müdigkeit, Monotonie, keine laufbaren Wege (zumindest für Menschen die schon mehr als 120km in den Beinen und Füssen haben. Das waren übrigens schon keine Blasen mehr unter den Füssen, die Dinger sahen nach der ersten Nacht im Regen aus wie Füße einer Wasserleiche. Sie rochen nicht nur nach Tod, sie sahen auch so aus. Bilder davon hab ich keine gemacht 🙂 … Na ja … Trittfest war man also auch nicht mehr wirklich.) Peitchender Wind, wehe Füße, man konnte fast nix mehr toppen. Doch, schon, denn der tapfere Philipp, mein steter Begleiter bei Nacht und ich, wir kamen uns vor wir Hänsel und Gretel im Wald. Nur gabs keine Brotkrumen und keine Hexe der wir aufs Maul hauen konnten. Ob wir wirklich Ehrenrunden gedreht haben sei zu vermuten, GPS war lange weg, die Aufzeichnung bei km 134 beendet. Wir mussten zum nächsten VP, koste es was es wolle. Hunger, Durst, Erfassung der Zeit. Also weiter. Immer wieder nach einem Hinweis suchend. Ein Zeichen, eine Fahne, Spuren von anderen Läufern. Man kam sich echt sehr hilflos vor. Immerhin waren wir zu zweit. Irgendwann gen Sonnenaufgang gings wieder ins Tal, nach einer Nacht über Stock und Stein. 8 Stunden oder so hats für 20 km gebraucht. Das war wirklich kein Spaß. Philipp hatte Probleme mit dem Knie, also war an einen schnellen Abstieg auch nicht mehr zu denken. Meine Füße brannten und immer wieder aufs neue nasse Füße machten es nicht angenehmer. Gegen 6 waren wir am nächsten VP. Gut im Eimer. Dann wieder mehr als 600 Meter steigen, über Kuhweiden und Trampelpfade gen Brixen. An Geschwindigkeit war nicht mehr zu denken, also einfach so ins Ziel trotteln. Zeit war egal, ankommen war alles. Ein letzter unnötiger (das braucht man nach 152 km einfach nicht mehr) Downhill, dann Zieleinlauf vorm Dom. 39:45h.

Gut, selbst bei besseren Voraussetzungen wäre nicht viel mehr als ne 35 drin gewesen. Dazu hat man nachts einfach zu viel Zeit verloren, weil das höchste der Gefühle (bei steilen Abgründen und Seilpassagen auf nassem Fels, rutschigen losen Steinen und so weiter und so fort) ein schnelleres Wandern war. So sind wir zumindest trotz fast 40km nur Wandern noch zusammen auf Platz 25 ins Ziel. Gesund und munter (Scherz)! Aber heile 😉 …

Wenn man dann ein Fazit zieht, bei über 220 Startern, von denen insgesamt nur 61 überhaupt ins Ziel kamen, dann kann man das nicht nur auf die mangelnde Bergerfahrung und BlaBla schieben, dann muss man vielleicht auch an der Strecke arbeiten und sich als Veranstalter selbst Fehler eingestehen (Mehr und reflektierende Markierungen bei Nacht..). Danke an alle Teilnehmer, ob sie nun ins Ziel kamen oder ein vernünftiges nachvollziehbares DNF hingelegt haben. Mega Leistung. Danke an meine Mitstreiter und besonders an Philipp (oder Gretel ohne S-Lab-Röckchen) der den größten Teil mit mir zusammen absolviert hat. Danke an die LRC für den herzlichen Empfang und das Bier und und und!!! Ihr seid MEGA!!! Hier gehts zur offiziellen Seite.

Für alle die denken das sei bekloppt … ich war heute schon wieder in die Berge, zwar nur ne 3 ½ Stunden Tour mit +/- 500HM … dafür aber sehr hübsch im 3 Zinnen Nationalpark an einem Wildbach entlang. Mir und den Beinen geht’s also gut. Salve!

Danke auch nochmal an den sportfotograf.com – die Bilder sind mit einem Logo gekennzeichnet!

 

Weitere Berichte zum Alpen X100 – es ist schön zu sehen dass es anderen Mitstreitern auch nicht besser erging 😉

Rennbericht Alpen X100 by Stefan Miyagi

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